Reflect-Ion
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Wie Vapiano mich fast überzeugt hat
Ende November war ich unterwegs in der Hauptstadt. Es war Freitag Abend. Am nächsten Morgen sollte das erste intrinsify path.finder festival stattfinden. Die Arbeitswoche im Rücken und das Festival vor der Brust, wollte ich nur noch eine Kleinigkeit essen. Mein Hotel lag ganz in der Nähe des Checkpoint Charlie. Einmal um die Ecke strahlen direkt die Logos des modernen Fast-Food Kapitalismus. McDonalds, KFC, …, Vapiano.
Ich entschied mich für Vapiano. Mein letzter Besuch dieser Kette lag einige Jahre in der Vergangenheit. Dass nur wenige Tage später Chef Jochen Halfmann ausgewechselt werden würde, spendiert diesem Artikel nur etwas Aktualität. Die Gewinnwarnungen des börsennotierten Unternehmens und den Verlauf des Aktienkurses hatte ich auch nicht auf dem Schirm. Ich wollte eben nur eine Kleinigkeit essen.
Was ich an all diesen Ketten nicht mag: Es wird zentral vorgedacht, standardisiert und skaliert, was das Zeug hält. Es wird vorgedacht, wie das Essen zubereitet werden soll, wie es genau schmecken soll, wie der Bestell- und Zahlungsprozess aussieht und wie die Angestellten mit dem Gast kommunizieren. Das geht so weit, dass man sein Wasser bei McDonalds oder auch Burger King unter keinen Umständen in der originalen Flasche bekommen kann. Es muss immer aus der Plastikflasche in den Pappbecher mit Logo und Plastikdeckel umgeschüttet werden. Solche Kundenwünsche werden so gut wie immer gekontert mit so etwas wie „Das ist uns so vorgegeben. Ich darf das nicht anders machen. Beschweren Sie sich bei der Zentrale“.
Ich trat also an diesem Freitagabend in eine dieser Vapiano-Filialen in Berlin ein und suchte erstmal nach der Kartenausgabe, bis ich verstanden hatte, dass sich dieses System seit meinem letzten Besuch geändert hat. Man zahlt jetzt direkt beim „Place Order“ Schalter.
Ich griff nach einer Speisekarte und meine Wahl fiel auf einen Salat, der Reef’n Beef sollte es werden. Blattsalat, Roastbeef, Garnelen, Grillgemüse, Lauchzwiebeln, Kirschtomaten und Grana Padano.
Am Place Order Schalter ließ der Service nicht lange auf sich warten. „Hallo! Was darf es sein?“, wurde ich begrüßt. „Hallo, ich hätte gerne einmal den Insalata Reef’n Beef, der hört sich gut an“. „Sehr gerne, mit welchem Dressing?“
Man kennt ja die Bestellorgien bei Subway. Unter gefühlten 16 Fragen bekommt man sein Baguette nicht. Und ich weiß wirklich nicht, was mehr Stress auslöst, wenn man sich nicht gut vorbereitet hat: Ein Vorstellungsgespräch oder die Konfiguration des Baguettes bei Subway.
Zurück zum Place Order Schalter im Vapiano. Über das Dressing hatte ich mir bis jetzt überhaupt noch keine Gedanken gemacht. Genau das erkannte auch der Mitarbeiter sehr schnell und zählte mir alle verfügbaren Dressings aus dem Vapiano Standard-Pool auf, vom Balsamico über Nizza bis hin zu Himbeer-Ahorn. Spätestens jetzt war klar: Der Gast, also ich, war überfordert. „Nehmen wir Balsamico“, war meine spontane Fallback-Lösung.
Und jetzt kommt der Moment, in dem mich Vapiano bzw. der Mitarbeiter positiv überrascht hat: Im Begriff meiner Fallback-Lösung entgegnete er plötzlich „warten Sie mal…“, wandte sich einen kurzen Augenblick von mir ab, um dann direkt mit einer Scheibe Weißbrot und zwei Tupfer Dressing auf einem kleinen Teller Präsenz zu zeigen. „Einmal Balsamico und meine Alternative für Sie: Limette-Chili.“. Ich probierte. Zuerst Balsamico, dann Limette-Chili. Wow. „Nehm’ ich!“
Das nenne ich mal Kundenservice! Und das in einem Standard-Restaurant. Es geht doch! Und es machte Eindruck. Zumindest so viel Eindruck, dass ich diesen Blogartikel darüber schreibe.
Nur kurze Zeit später wurde ich leider wieder an die mechanistische Funktionsweise solcher Restaurantketten erinnert. Mein Funke Hoffnung, das System Vapiano erzeugte eine Kultur, in der der Gast König ist und die Mitarbeiter kundenorientiert handeln, war direkt wieder zerstört.
Als ich meinen Salat abholte – jetzt nicht mehr bei Place Order, sondern beim Pick Up, es muss ja alles seine Ordnung haben – sah ich im Augenwinkel eine Dame mittleren Alters heraneilen. Mit einem kleinen Schälchen in der Hand fragte sie nach etwas mehr Parmesan. Und tatsächlich, mein Blick auf das Schälchen ließ keine andere Einschätzung zu: Wofür auch immer das gedacht war, es sah mickrig wenig aus. Ihr wurde, von einem anderen Mitarbeiter, entgegnet: „So verkaufen wir das. Das sind genau 10 Gramm!“. Schöne neue Welt.
Innerhalb weniger Minuten war ich Zeuge zweier unterschiedlichster Kommunikationen zwischen Mitarbeitern und Kunde bzw. Kundin. Die Dame ohne Parmesan war enttäuscht, ich war happy mit meinem Limette -Chili Dressing.
Das System Vapiano macht es wahrscheinlich, dass Mitarbeiter so reagieren wie im Fall Parmesan. Es zeigt aber auch, dass es dennoch möglich ist, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. So wie im Fall Dressing.
Ich weiß nicht, ob ich noch einen Schuss Dressing zusätzlich bekommen hätte. Das probiere ich beim nächsten Besuch, sicher wieder erst in ein paar Jahren, aus. Wenn ihr dort seid: nehmt direkt Limette-Chili und fragt gleich auch nach etwas mehr Parmesan!