Transformation von Altbeständen in ein ETF-Portfolio

In Das Coffein-Portfolio habe ich ein ETF-Portfolio vorgestellt, welches als Fundament für den langfristigen Vermögensaufbau dient. Am Ende des Artikels stelle ich in Aussicht, dass ich die Fragestellungen und Probleme, die sich in meiner Situation bei der Umschichtung der Depotbestandteile in das Coffein-Portfolio ergeben, mit euch teile. Das will ich in diesem Artikel tun.

Die Ausgangssituation – 4 Depots

Im Laufe der Zeit (Meine Börsenstory) sind vier Wertpapierdepots entstanden. Zur Entstehungsgeschichte… 

  1. DEKA-Depot

Als Kunde der regionalen Sparkasse und Online-Banking noch in weiter Ferne, habe ich per Papierbogen ein Wertpapierdepot bei der DEKA-Bank eröffnet. Die ersten Fonds-Käufe, darunter der Klassiker AriDeka, wurden noch zusammen mit dem Berater am Schalter per Formular beauftragt. Übrig geblieben sind nur noch zwei Fonds, darunter ein teurer Dachfonds.

  1. Depot #1 (Altbestand vor 2009)

Neben dem Fonds-Depot bei der DEKA hatte ich für Einzelaktien auch ein kostenintensives Wertpapierdepot bei der Sparkasse selbst. Die hohen Preise für Transaktionen sowie bessere Zinsen auf Tagesgeld bei Onlinebanken haben mich zum ersten Wertpapierdepot bei der Direktbank geführt.

  1. Depot #2 (Neuer Bestand ab 2009)

Mit der Einführung der Abgeltungssteuer eröffnete ich ein zweites Depot, um die steuerlich begünstigten Altbestände abzugrenzen. Kursgewinne aus Aktien und Fonds, die vor 2009 angeschafft wurden, können steuerfrei realisiert werden.

  1. Depot #3 (Coffein-Portfolio)

Das dritte Depot habe ich eigens für den Aufbau des Coffein-Portfolios eröffnet.

Problem 1: Teure, aber steuerfrei veräußerbare Fonds

Mit diesem Thema habe ich mich bereits ausführlich am Beispiel eines steuerfrei veräußerbaren, aber teuren Dachfonds beschäftigt.

Die in Was tun mit teuren Fonds-Altbeständen? hergeleitete Entscheidung ist mittlerweile umgesetzt. Die letzten beiden Fonds aus dem DEKA-Depot sind verkauft. Die frei gewordenen Mittel sind direkt in das Coffein-Portfolio geflossen.

Problem 2: Steuerfrei veräußerbare Einzelaktien / ETFs

Das erste Direktbank-Depot wurde in 2001 eröffnet. Bis auf zwei Positionen (Barrick Gold und SMA Solar Technology) stehen bei allen Aktien und ETFs Buchgewinne aus. Steigt der Wert der Papiere weiter, und davon geht jeder Langfrist-Investor aus, sind die Zuwächse steuerfrei. Ein Verkauf der Einzeltitel oder der ETFs würde den Steuervorteil dieser vor 2009 angeschafften Wertpapiere verschenken. Aus diesem Grund halte ich an dem Depot vorerst fest. Ausnahmen können sich ergeben, siehe dazu Problem #4.

Problem 3: Steuerpflichtig veräußerbare Einzelaktien / ETFs

Etwas differenzierter sieht es bei Positionen aus, die ab 2009 in den Bestand aufgenommen wurden. Im Depot #2 befinden sich einige Einzelaktien und auch der ein oder andere ETF. Ein Verkauf verursacht Kosten und bei Buchgewinn auch Steuerzahlungen.

Umgang mit Einzelaktien

Das mittelfristige Ziel ist die Auflösung der Positionen zu Gunsten des ETF-Portfolios. Alle Einzelaktien befinden sich sowieso in den ETFs des Coffein-Portfolios wieder. Der doppelte Besitz macht wenig Sinn. Einzelne Positionen sind schon verkauft, andere folgen im Laufe der Zeit. Dabei versuche ich Veräußerungsverluste mit Gewinnen zu verrechnen, soweit das geht.

Umgang mit ETFs

Branchen-ETFs sind bereits verkauft. Der Versuch mit Indizes auf einzelne Branchen zu setzen, ist im Prinzip nichts anderes als der Versuch mit Einzelaktien den Index zu schlagen (Stockpicking). An den Standard-ETFs werde ich zunächst festhalten. Ein „Tausch“ in die ETFs des Coffein-Portfolios verursacht Transaktionskosten (siehe Problem 5).

Problem 4: Klumpenrisiko Einzelaktien

Auf Grund des Alters des Depots #1 (ja, altern zahlt sich an der Börse aus) und nicht zuletzt auch der freundlichen Börsenentwicklung der letzten zahn Jahre, macht der Anteil der in Depot #1 enthaltenen Positionen aktuell ungefähr 50% des investierten Gesamtvolumens aus. Das „Coffein-Depot“ schafft es derzeit auf ca. 25%, Tendenz steigend, da die Sparrate nur noch in dieses Depot fließt und die Umschichtung aus Depot #2 noch läuft.

Das Ziel, die Verteilung des investierten Kapitals nach der Allokation des Coffein-Portfolios, ist also nicht so schnell zu erreichen. Die Werte im ältesten Depot sind auf Grund der unterschiedlichen Entwicklung sehr ungleich verteilt: So kommt Apple auf einen Anteil von ca. 20%, während Barrick Gold und SMA Solar Technology zusammen vernachlässigbare 1% ausmachen. Der Anteil einer einzelnen Aktie von 20% widerspricht meinem Grundsatz der Diversifikation. Hier besteht ein Dilemma: Steuerfreiheit & Einzelaktienrisiko vs. Diversifikation.

Problem 5: Transaktions-Kosten

Bei allen Umschichtungen fallen bei Verkäufen und Käufen von ETFs und Aktien Transaktionskosten an. Und wie wir alle wissen, können sich diese zu einem echten Renditekiller entwickeln. Bei den Aufräumarbeiten, die in über zwei Jahrzehnte gewachsenen Depots anfallen, kommt man um diese Kosten nicht herum. Trotzdem möchte ich unnötige Kosten vermeiden.

Wenn ein ETF bereits im Bestand ist und einigermaßen in das Konzept passt, dann ist es eine Option, einfach an ihm festzuhalten. Es handelt sich in meinem Fall im Wesentlichen um ETFs auf US-Indizes (S&P 500, US MidCaps und US SmallCaps). Die ETFs werden nicht weiter bespart und nehmen so im Laufe der Zeit in ihrer Bedeutung für den gesamten Mix ab.

Problem 6: Market-Timing

Im Laufe der Zeit entwickeln sich Aktien sehr unterschiedlich. So sind einzelne Positionen zum Klumpenrisiko geworden (siehe Problem Nr. 4). In diesen Fällen sind trotz Steuerfreiheit Teilverkäufe sinnvoll. Aber wann? Hier besteht ein Timing-Problem, was man neben dem Stock-Picking eigentlich durch das „mechanische“ Investieren in ein ETF-Portfolio vermeiden will. Jede Kurssteigerung steht steuerfrei zu Buche, steigert gleichzeitig aber den Anteil des Einzelwerts.

Ein zweiter Aspekt ist rein operativer Natur. Bei dem Verkauf einer Aktie und dem Kauf bzw. der Aufstockung eines ETFs aus dem Coffein-Portfolio vergeht etwas Zeit. Bis das Geld aus dem Verkauf in der Buying-Power landet und der Kauf dann beauftragt ist, können in volatilen Märkten ein paar Prozent verloren gehen, umgekehrt natürlich auch gewonnen werden. Will man dieses Risiko ausschalten, sorgt man am Besten für ausreichend Liquidität auf dem Verrechnungskonto und setzt beide Aufträge „gleichzeitig“ ab.

DepotFragestellungenHandlung
DEKA DepotSteuerfreie Kursgewinne vs. hohe Kosten aktiv verwalteter FondsVerkauft!
Depot #1Steuerfreie Kursgewinne vs. Klumpenrisiko, Market-TimingHalten. Ausnahme: Einzelwert bekommt einen zu hohen Anteil am Gesamtkapital.
Depot #2Transaktionskosten, Market-TimingEinzelwerte nach und nach veräußern, zum Konzept passende ETFs halten.

Fazit

Wie wir sehen, tauchen also bei dem Übergang von einem gewachsenen Portfolio zu einem ETF-Portfolio einige Fragen auf. Aufräumen, aber nichts verschenken, so könnte man das Unterfangen auch beschreiben.

Der Verkauf der teuersten Fonds und die Schließung des DEKA Depots ist rational richtig und fühlt sich gut an. Das vor 2009 gefüllte Depot bleibt aus steuerlichen Gründen erhalten. Aktien und ETFs aus dem neuen Depot werden nach und nach veräußert und die freien Mittel werden in das Coffein-Portfolio investiert.

Offen bleibt die Frage, ab wann ein Einzelwert aus dem steuerfreien Depot die Diversifikation so weit stört, dass ein Teilverkauf sinnvoll erscheint. Ich freue mich auf Kommentare zu diesem Artikel. Wer steht vor ähnlichen Fragestellungen?

Trotz diesen Unwägbarkeiten bin ich davon überzeugt: Entscheidend ist die langfristige Strategie und der Weg zum Coffein ETF-Portfolio.

So long, not short!


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