Bitcoin – alles oder nichts?

Ich habe mich lange schwer getan mit Bitcoin. Ich gebe zu, ich habe ihn zu lange ignoriert, in dem Sinne als dass ich Bitcoin als Anleger nicht als attraktiv angesehen habe. Hat sich meine Meinung geändert? Jein. Ich möchte euch zwei Sichtweisen auf Bitcoin anbieten. Entscheidet selbst.

Bitcoin ist nichts

Bitcoins werden mit Hilfe einer Reihe von Nullen und Einsen repräsentiert, die für uns unsichtbar auf Magnetplatten oder Flashspeichern verwahrt werden. Einige dieser Magnetzustände liegen bereits unauffindbar auf Mülldeponien, sehr zum Ärger der ursprünglichen Besitzer.

Magnetzustände kann man nicht anfassen. Ich wüsste nicht, was man mit ihnen anfangen könnte. Sie speichern bloß Informationen. Sie produzieren nichts. Auf Bitcoin gibt es zunächst einmal auch keine Zinsen oder Renditen.

Wenn man diese Sichtweise einnimmt, kann man zu dem Schluss kommen, dass ein Bitcoin keinen Wert hat. Preis 0,-

Gold und Euro

Gold ist ich nicht viel mehr, oder? Gut, es glänzt zumindest. Gold wird als Schmuck genutzt und kleine Teile schaffen einen Mehrwert als Industrierohstoff. Aber im Tresor liefert Gold auch keine Renditen. Man kann sich heute für die gleiche Menge Gold in etwa so viel kaufen wie vor einigen Jahrzehnten auch.

Fiatwährungen sind auch nicht viel mehr. 100 Euro werden entweder in Form eines Schnipsels Papier oder eben auch in Nullen und Einsen in den Rechenzentren der Banken abgebildet. Sonst sind Euro auch so ziemlich nutzlos und verlieren die meiste Zeit an Wert (Inflation).

Bitcoin als Wertspeicher

Was macht Bitcoin so attraktiv, dass ein Coin im März 2021 mehr als 50.000 US-Dollar kostet? Offensichtlich gibt es trotz der obigen Ausführungen einen Nutzen. Es wird nie mehr als 21 Millionen Bitcoins geben. Bitcoin ist ein dezentrales Netzwerk ohne zentralisierte Macht. Es bildet sich ein Club von Menschen aus der ganzen Welt, die Bitcoin die Funktion des Wertspeichers zuschreiben, ja „ihm“ vertrauen. Der Kern des Werts von Bitcoin liegt also in: Limitierung, Dezentralisierung, Vertrauen.

Wert von Bitcoin

Preise entstehen im freien Markt bekanntlich aus Angebot und Nachfrage. Das Angebot ist limitiert. Der Nutzen von Bitcoin hängt vor allem vom Vertrauen ab. Hier hilft die Dezentralität. Es bedarf keinem Vertrauen in eine zentrale Instanz. Ist sich eine kritische Menge Teilnehmer einig, dass Bitcoin unser globaler, dezentraler Wertspeicher ist, erzeugt das einen Nutzen. Dann steigt die Anzahl der Menschen, die dem Netzwerk beitreten. Und dann steigen die Nachfrage und der Preis.

Gold ist erwachsen

Wird der Preis von Bitcoin ewig steigen? Wie viele Mitglieder bekommt das Netzwerk? Wie viel Bitcoin kaufen und halten die Mitglieder? Wie viel Geld drucken die Notenbanken noch? Natürlich weiß ich das nicht. Ich habe also keine Antwort auf die Frage und auch kein Kursziel für Bitcoin. Ich habe aber eine These.

Bitcoin wird in seiner Funktion als Wertspeicher gerade erst entdeckt. Ja, man kann Bitcoin natürlich auch austauschen und mittlerweile auch einen Tesla damit bezahlen. Aber das kann man mit anderem Geld bzw. einer Kreditkartennummer auch.

Bitcoin existiert im Vergleich zu Gold erst in einem winzigen Zeitraum. Gold wird über Generationen geschätzt. Es befindet sich in den Portfolios tausender Anleger und Vermögensverwalter als Absicherung. Wir haben historische Preischarts und kennen die Renditen von Gold über Jahrzehnte. Gold ist erwachsen.

Bitcoin wächst auf

Der Bitcoin wächst gerade erst auf. Und sollte er dabei überleben, wird er irgendwann erwachsen sein. Der Wert von Bitcoin wird, so diese These stimmt, so lange (unter starken Schwankungen) steigen, bis so gut wie alle, die ihn als Wertspeicher nutzen wollen, auch nutzen. Solange eine nennenswerte Anzahl neuer Mitglieder neue Nachfrage erzeugt, werden wir auf dem Pfad zum „fairen Wert“ klettern, immer mal wieder abstürzen und uns zu neuen Höhen aufmachen.

Nach dieser Theorie wird sich der Bitcoin-Preis dann irgendwann einpendeln und seinen steilen Anstieg hinter sich haben. Wie sich die Welt der Währungen und des Geldes dann weiter entwicklen, wissen wir nicht. Theorien lesen sich immer gut und schlüssig. Aber es gibt auch einige Risiken, die das Potenzial habe, den Bitcoin wieder wie Nullen und Eisen aussehen zu lassen.

Mehr lesen zum Thema Kryptowährungen?

Die neue Blogparade ist online!

Risiken

Wo Chancen sind, da sind auch Risiken. Das ist ein Gesetz des Finanzmarkts. Die gefährlichsten Risiken sind immer die, die im Heute noch niemand sieht, die Schwarzen Schwäne. Zum Bitcoin gibt es aber auch schon genügend sichtbare Risiken, über die diskutiert wird.

Krypto-Hype

In Hype-Phasen sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Befindet man sich mitten in einem Hype, kann man ihn schwer erkennen. Noch kurz vor dem Dot-Com-Crash war die Börsenwelt rosarot. Im Rückspiegel ist der Hype dann glockenklar. „Wie konnte man damals nur in die völlig überbewerteten Internetunternehmen investieren…“

Befinden wir uns aktuell in einem Hype um Kryptogeld? Möglicherweise. Bitcoin und Co. sind allgegenwärtig, in den sozialen Medien wie auch auf der Straße. Gut möglich also, dass man zeitweise zu viel für einen Bitcoin bezahlt und nach Hype-Phasen günstiger kaufen kann. Gegen die Hype-Theorie spricht aber, dass es 2021 große Player wie Tesla, Banken oder PayPal sind, die für Preissteigerungen sorgen und weniger Scharen von Kleinanlegern.

Hype-Risiko: gering bzw. ggf. temporär

Hacker-Angriffe, Börsen und Private Keys

Es ist nie auszuschließen, dass Hackerangriffe erfolgreich gegen ein digitales Netzwerk sind. Die Technologie hinter Bitcoin hat aber schon über Jahre bewiesen, dass sie ihr Versprechen hält. Durch die Blockchain und die dezentrale Weiterentwicklung bzw. Betrieb, scheint das Bitcoin-Netzwerk gut geschützt.

Viel wahrscheinlicher ist es, dass man seinen Zugang zu seinen eigenen Bitcoins verliert. Nur wenn man seinen Schlüssel selbst verwaltet und sicher verwahrt, ist man im direkten Besitz der Bitcoins. Befinden sich die Bitcoins auf einer Kryptobörse, vertraut man auf deren Bemühen um die Sicherheit. Börsen sind in der Vergangenheit schon Ziel von erfolgreichen Angriffen geworden.

Erfolgreicher Hackerangriff auf das Netzwerk: sehr unwahrscheinlich

Erfolgreicher Hackerangriff auf eine Bitcoin-Börse: unwahrscheinlich

Verlust der eigenen Schlüssel: ernstzunehmendes, individuelles Risiko

Steigende Transaktionskosten und Energieintensität

Nicht nur das Errechnen neuer Bitcoins (Mining) benötigt sehr viel Strom, auch bei Zahlungen, also Transaktionen im Netzwerk, wird eine größere Menge Zeit und Strom gebracht. Das steht dem Megatrend der Nachhaltigkeit entgegen. Wendet sich die Mehrheit der Marktteilnehmer daher vom Bitcoin ab? Eher nicht. Es gibt Technologien, mit denen sich die Energieprobleme lösen lassen. Entweder in der sauberen Erzeugung von Strom oder auch in der temporären Auslagerung von Transaktionen in einen Second Layer, der effizienter betrieben werden kann.

Risiko: gering bzw. auflösbar

Regulierung

Regierungen und Notenbanken nehmen gerne Einfluss auf die Märkte über ihre Fiskal- bzw. Geldpolitik. Da schmeckt einem vielleicht nicht immer, wenn sich ein Kryptogeld etabliert, welches sich dem eigenen Einflussbereich auf Grund der Dezentralität entzieht. Der Bitcoin kennt keine Notenbank und auch keine Währungsraumgrenzen.

Die Bitcoin-Blockchain existiert. Sie kann und wird man auch nicht bekämpfen. Was aber durchaus verboten werden könnte ist der Besitz oder Handel mit Bitcoin. Auch eine Besteuerung auf den Handel oder gar den Besitz von Kryptowährungen ist vorstellbar. Wie auch immer, es wird möglich sein, den Besitz von Bitcoin unattraktiv zu machen, verschwinden lassen kann man ihn hingegen nicht mehr.

Risiko: real, eher wahrscheinlich

Ablösung durch Nachfolger

Bislang ist der Bitcoin der König des Kryptogelds. Kein anderer Coin hat eine so große Marktkapitalisierung. Mit ist derzeit kein Gegner bekannt, der ihn vom Thron stürzen könnte. Der Bitcoin ist der FC Bayern der Krypto-Liga.

Das muss aber nicht immer so bleiben. Die Leipziger können auch kicken. Es ist vorstellbar, dass ein neuer Coin das Licht der Welt erblickt, der das Vertrauen der Marktteilnehmer gewinnt und Bitcoin langsam oder auch abrupt ablöst. Dann fällt der Bitcoin-Preis zügig und alle wollen raus. Wohl dem, der den Ausgang schnell findet. Dazu muss es aber nicht kommen. Auch der Bitcoin wird sich an neue Entwicklungen anpassen.

Risiko: real, eher unwahrscheinlich

Steigende Zinsen

Ein weiteres Risiko sind steigende Zinsen. Ja, ich trau es mir kaum zu schreiben. Deshalb steht es hier auch am Ende des Artikels. Die Meinung, die Zinsen könnten gar nicht mehr steigen, ist weit verbreitet. Eine Zinswende ist aber nie unmöglich. Gerade dann, wenn niemand damit rechnet.

Immer dann, wenn man zinslose Assets hält, und da gehört der Bitcoin neben Gold dazu, entgehen einem die Zinsen, die man bekommt, wenn man sein Geld in Zinsprodukte anlegt. Diese Opportunitätskosten verschwinden bei einem Zinsniveau von oder kleiner Null. Steigen aber die Renditen von sicheren Staatsanleihen an, erhöhen sich auch die Kosten für das Halten von Bitcoin (wie auch für Gold und andere zinslosen Asstes im allgemeinen).

Risiko: real, kurzfristig unwahrscheinlich

Fazit

Der Artikel zeigt zwei Perspektiven auf Bitcoin auf. Die eine führt zur Wertlosigkeit, die andere zu weiteren Preissteigerungen. Es ist an dir die eine oder die andere Sicht einzunehmen oder dir deine eigene herzuleiten.

Ein Kauf von Bitcoin birgt neben der Chance auf Gewinne auch Risiken. Einige habe ich angeführt und versucht zu bewerten. Es gibt sicher mehr. Und am gefährlichsten sind die, die heute niemand sieht.

Baust du Bitcoin in deine Asset-Allocation fest ein, dann sollte der Anteil den Risiken entsprechend gering sein. Ein Totalverlust der Position ist nicht ausgeschlossen. Entwickelt sich der Bitcoin allerdings zum weltweit anerkannten Wertspeicher, dann wird sich dein Mut lohnen.

Disclaimer: Dieser Artikel stellt, wie alle anderen Artikel auf diesem Blog auch, keine Anlageberatung dar. Das Handeln mit Kryptowährungen birgt Risiken, für die der Autor keine Haftung übernimmt.

Podcast-Episode zum Artikel

Reflect-ion
Reflect-ion
Folge 28: Meine Sicht auf Bitcoin
/


Nichts mehr verpassen!
Melde dich für meinen Newsletter an und erhalte Neuigkeiten direkt per E-Mail.


Ich willige ein, dass meine Angaben für die Versendung des Newsletters genutzt werden. Sie können die Einwilligung jederzeit per E-Mail an info@reflect-ion.de widerrufen. Datenschutzerklärung


2 Comments on “Bitcoin – alles oder nichts?

  1. Pingback: 18 Finanzblogger berichten über Kryptowährungen - Finanzwolf

  2. Pingback: Bitcoin – alles oder nichts? - FinanzFeed

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert